Personalmanagement in Zeiten der Coronavirus-Pandemie
Um in der heutigen Welt geschäftlich erfolgreich zu sein, ist eine neue Denkweise erforderlich, um Kundenbedürfnisse zu verstehen, Mitarbeitende zu motivieren und Technologien optimal zu nutzen. Auch gilt es gerade in der aktuellen Zeit die Arbeitskraft zu schützen und der Fürsorgepflicht nachzukommen.
Dabei gilt: Selbst, wenn die Welt digitaler wird, bleibt der Mensch im Mittelpunkt allen Handelns. Eine gesunde und produktive Belegschaft bleibt das größte Kapital der Unternehmen. Die Frage ist, wie wir die Mitarbeitenden in einer Zeit tiefgreifender Veränderungen, die aktuell durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufen werden, schützen können und wie sich die Arbeitswelt anpassen lässt, um weiterhin stark am Markt zu agieren. Diese Frage beschäftigt mich und das gesamte Vorstandsteam der Zurich Gruppe Deutschland in den letzten Monaten stark. In diesem Beitrag möchte ich euch einen kurzen Überblick geben, wie Zurich als Arbeitgeber mit der Pandemie umgegangen ist und wie wir dem aktuellen Wandel Rechnung tragen.
Zunächst stelle ich mich vor: Mein Name ist Uwe Schöpe. Ich bin seit über 40 Jahren für die Zurich Gruppe Deutschland tätig. In dieser Zeit hatte ich neben der Leitung der früheren Weiterbildungsgesellschaft auch verschiedene nationale und internationale Rollen im HR-Bereich bei Zurich inne. Seit März 2020 bin ich Personalvorstand und Arbeitsdirektor in unserem Unternehmen.
Corona Krisenmanagement bei Zurich
Kurz nach meiner Vorstandsberufung befanden wir uns am Anfang der Pandemie in Deutschland. Es war uns am allerwichtigsten, unsere Mitarbeitenden zu schützen, das Geschäft aufrechtzuerhalten und damit auf Dauer die Arbeitsplätze zu sichern.
Mitte März wurde uns immer klarer, dass wir die Mitarbeitenden von zuhause arbeiten lassen sollten. Am 17. März 2020 haben wir einen Pilottag gestartet, an dem die meisten Beschäftigten von zuhause arbeiten konnten, um zu prüfen, ob wir weiterhin produktiv sind. Das Ergebnis hat uns alle sehr positiv überrascht: Die Umstellung hat gut funktioniert, da wir bereits viele Mitarbeitende mit Laptops ausgestattet hatten. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass wir schon vorher gute Arbeitsmodelle mit „Flex Office“, „Fix Office“ und „Home Office“ eingeführt hatten. Das bedeutet, dass ein Drittel der Beschäftigten noch fix im Büro war, ein Drittel der Mitarbeitenden konnte flexibel entscheiden, von wo sie arbeiten und ein Drittel war im Home Office tätig. Das hat uns in der Situation entscheidend geholfen, weil die technischen Gegebenheiten bereits zum großen Teil vorhanden waren, um flächendeckendes working@home zu ermöglichen.
Bis auf etwa 200 von unseren 4.400 Mitarbeitenden sind am Pilottag alle zu Hause geblieben. Natürlich gab es noch einige systemrelevante Herausforderungen. Aber es war ganz klar, dass wir es mit einigen Anpassungen und intensiver Zusammenarbeit schaffen werden.
Ab diesem Zeitpunkt hieß es dann für fast alle Beschäftigten: working@home.
„Ein Unternehmen braucht eine Heimat“
Bei allen Schritten ist es extrem wichtig, sich mit allen Vorstandskolleginnen und -kollegen, den Führungskräften sowie den betriebsverfassungsrechtlichen Organen ganz eng abzustimmen, was hervorragend geklappt hat.
Dazu haben wir sehr großen Wert auf die regelmäßige, offene und transparente Kommunikation mit allen Beschäftigten gelegt und die gesamte Belegschaft über die Lage und die geplanten nächsten Schritte informiert. Wir sind immer auf Sicht gefahren und haben ständig überprüft, ob wir im Betrieb Verbesserungen vornehmen können.
Ab Mai haben wir erste Lockerungen vorgenommen. Im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung haben wir Stimmen von Beschäftigten eingeholt, um zu erfahren, wie ihre persönliche Situation ist und ob sie weiterhin von zuhause arbeiten oder ins Büro zurückkommen möchten. Interessant war, dass sich über 80 Prozent der Beschäftigten an der Umfrage beteiligt haben. Besonders spannend an dem Umfrageergebnis war, dass wir rund 200 Mitarbeitende hatten, die unbedingt ins Büro kommen wollten, weil sie sich zuhause einsam gefühlt haben oder das Arbeiten von zuhause aus unterschiedlichen Gründen unmöglich war. Daraufhin haben wir die Mitarbeitenden selbstverständlich wieder am Zurich Campus in Köln und Pollux in Frankfurt zugelassen. Allerdings haben uns auch rund 1.000 Mitarbeiter gespiegelt, dass sie aus gesundheitlichen oder familiären Gründen weiterhin von zuhause arbeiten möchten. Diesem Wunsch sind wir gerne nachgekommen.
Nach dieser Phase haben wir ab dem 8. Juni weitere Lockerungen durch eine Teamaufteilung in blaue und weiße Gruppen vorgenommen. Im Wochenrhythmus haben diese Teams ihre Anwesenheit an den Zurich Standorten gewechselt. Zum 31. August haben wir die Teamaufteilung wieder aufgelöst. Konkret bedeutet das, dass die Mitarbeitenden, die gerne ins Büro kommen wollten, auch kommen konnten. Die Mitarbeitenden, die weiterhin im working@home bleiben wollten, konnten dies auch tun.
Auf Sicht fahren und anpassungsfähig bleiben
Da die Infektionszahlen wieder stark angestiegen sind, sind wir seit dem 19. Oktober wieder in weiße und blaue Teams aufgeteilt. Denn an erster Stelle steht für uns die Gesundheit unserer Mitarbeitenden. Wir tun unser Bestes, um sie zu schützen. Wir beobachten das Geschehen und reagieren mit Bedacht. Weitere Anpassungen sind jederzeit möglich.
Auch wenn die Produktivität zu keinem Zeitpunkt gelitten hat, wollen wir zu unserem ursprünglichem Arbeitsmodell zurück. Ein komplett virtuelles Unternehmen ist aus meiner Sicht nicht erstrebenswert. Wir sind soziale Wesen und brauchen persönliche Treffpunkte. Ein Unternehmen braucht eine Heimat. Persönliche Treffen sind auch zum Beispiel in bestimmten Projektsituationen und ähnlichem extrem wertvoll.
Personalmanagement in einer Zeit nach der COVID-19-Krise
Selbstverständlich machen wir uns Gedanken, wie die Arbeitswelt nach der Corona-Pandemie und den daraus gemachten Erfahrungen aussehen könnte. Deshalb stehen wir mit anderen Unternehmen im Kontakt und leiten für uns einen Vorschlag ab, wie wir zukünftig arbeiten könnten. Meine Prognose ist, dass wir mehr working@home als vorher machen werden. Daraus schlussfolgere ich, dass wir weniger Bürofläche brauchen. Wir benötigen aber auch mehr Fläche für Besprechungen, Projektsitzungen, Teammeetings und sonstige Veranstaltungen. Es wird ein Arbeitsmodell geben, bei dem man noch flexibler über den Arbeitsplatz bestimmen kann. Allerdings wird auch eine Lösung dafür benötigt, dass die Mitarbeitenden physisch vor Ort sein müssen, wenn sie gebraucht werden. Es wird auch eine bessere Verteilung über die Wochentage geben, sodass es an Dienstagen keine flächenmäßigen Engpässe gibt, während an Freitagen nur sehr wenig Mitarbeitende im Office sind.
Wir haben das Corona-Virus nicht gebraucht. Es hat uns in der Bevölkerung zu viel Leid gebracht. Aber wir haben dadurch viel gelernt und haben gemeinsam einen Quantensprung in der Entwicklung gemacht. Geholfen hat uns dabei die gute Ausgangslage in der IT-Landschaft und der Unternehmenskultur. Die Kunst besteht nun darin, für alle Beteiligten Lösungen zu finden, um einen dauerhaft erfolgreichen und attraktiven Arbeitgeber zu haben.
Zunächst mal vorab: Die Freiheit, das Vertrauen und die Sicherheit, die ihr uns in den letzten Monaten gegeben habt, sind einzigartig, nicht selbstverständlich und ein Zeichen eines sehr ernst gemeinten Wandels in der Führungskultur. Ganz besonders hat mir geholfen, dass ich mir über die Betreuung meiner Tochter nie Gedanken machen musste. Ich konnte da sein, wenn das nötig war, ohne Formulare mit dreifachem Durchschlag auszufüllen. Das hat mir viele Sorgen genommen und mein Leben enorm vereinfacht.
Ich wünsche mir für die Zukunft mehr Flexibilität beim Flex-Office. Ich kann Heimarbeitstage gut gebrauchen, um den Familienalltag zu strukturieren und ich kann mit etwas Vorlauf auch organisieren, wann ich nicht zu Hause bin. Gerade Kinderbetreuung braucht auch und gerade in normalen Zeiten Verlässlichkeit. Macht Heimarbeit angepasst an die Bedürfnisse der Arbeit bitte zum offiziellen Teil von Flex-Office. Flexibilität funktioniert immer am besten in zwei Richtungen. Wenn ich mein Leben flexibel organisieren kann, bin ich gerne bereit, die Bedürfnisse meines Arbeitgebers ebenfalls flexibel zu berücksichtigen.
Mir ist auch klar geworden, dass nur Heimarbeit durchaus anstrengend ist und eine gesunde Mischung mich am Zufriedensten macht. Zu Hause fällt es mir leichter in einer Aufgabe “abzutauchen”. Doch die Gespräche über den Schreibtisch und in den Pausen sind wichtig, um nicht nur viele Fakten, sondern auch Stimmungen mitzubekommen. Die Mischung ist wichtig und ein optimales Verhältnis ist individuell verschieden. Bitte fördert diese Individualität weiter so gut es geht.
Lieber Bernd,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Ich kann dir inhaltlich nur voll und ganz zustimmen.
Sei versichert, dass wir unser Möglichstes tun werden, um genau die von dir beschriebene Balance zwischen working@home und der Arbeit im Büro in unserem künftigen Arbeitsmodell zu verankern.
Beste Grüße
Uwe
Sehr interessanter und aufschlussreicher Beitrag. Danke für den Einblick in die Zurich und wie Sie mit der Krise umgehen.
Ich denke es ist genau das richtige Vorgehen. Sicherheit muss an erster Stelle stehen, wobei auch Themen wie soziale Isolation und eine Einschränkung der Kreativität (was durch wegfallende Teamarbeit oftmals geschieht) nicht vernachlässigt werden darf.
Einen Umbau der Büroflächen mit Begegnungsräumen und Kreativflächen fand ich schon vor Corona essentiell. Die Krise hat diesen Trend nur stark beschleunigt.
Lieber Nasim,
da sprichst du einen sehr interessanten und wichtigen Aspekt an. Die Themen soziale Isolation und Einschränkung der Kreativität verdienen im Kontext der weiter andauernden Corona-Situation noch mehr Aufmerksamkeit.
Besten Dank und viele Grüße
Uwe Schöpe