Miss Moneypenny 4.0: So hat sich die Arbeit im “Vorzimmer” gewandelt
Mein Name ist Birgit Volkmer und ich bin schon seit 10 Jahren bei Zurich. Heute bin ich als Executive Assistant im Einsatz, eine moderne Miss Moneypenny also. Und in meinen knapp 40 Jahren Berufserfahrung hat sich ganz schön viel getan, was den Job im “Vorzimmer” extrem erleichtert. Ein Beispiel: Als ich 1981 meine Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel (wir hatten noch keine weibliche Form und ich war auch noch ein Fräulein) begann, wurde mir am ersten Tag eingeimpft, dass ich unbedingt jeden Morgen eine Datensicherung machen muss.
Der Computer bestand aus drei Laufwerken, in die links die Original 3,5‘‘ Diskette kam, in die Mitte die Systemdiskette und rechts die Kopie.
Geschrieben habe ich noch auf einer alten mechanischen Triumph-Adler-Schreibmaschine, die Löschtaste hieß „TippEx“. Das gab es als kleine Streifen oder auch flüssig. Wenn ich Pech hatte, war das schwarzrote Farbband grade zu Ende und ich durfte es wechseln, was eine sehr farbenintensive Angelegenheit war.
So ging “kurz mal chatten” früher
Chatten konnte man übrigens damals auch schon. Der Apparat hieß Telex und stand in einem extra Raum. Da es noch keine Flatrates gab und Telefonieren teuer war, musste das Schriftgut auf Lochstreifen vorgeschrieben werden. Man konnte aber auch direkt hin- und herschreiben. Aus dieser Zeit stammen auch noch die heute bekannten Kürzel wie asap, thx und hve.
In meinem dritten Lehrjahr bekamen wir eine elektrische Schreibmaschine. Das war schon eine Umstellung. Wie oft musste ich einen Brief neu anfangen, weil die Tasten so empfindlich warennnnnnnnnnnnnnnn. Ich habe tatsächlich noch richtig Schreibmaschinenschreiben gelernt. Mit 12 Jahren hatte ich bereits den Wunsch, Chefsekretärin zu werden und saß zwischen den ganzen „alten Tanten“ im VHS-Kurs. Über den Tasten lag ein Holzkasten-Verdeck. Ein mechanisches, bedrucktes Stoffband lief und wir schrieben im Gleichklang unser „FDSA“ und „JKLÖ“. Je schneller das Band lief, desto mehr Anschläge schaffte man – fehlerfrei versteht sich.
1986 bekam ich dann eine „TA Gabriele 1000“. Die gute Gabi konnte sage und schreibe eine ganze Zeile speichern und hatte ein Korrekturband. Umwelttechnisch eine totale Verschwendung.
Als 1986 dann das Fax kam…
Das erste Fax verschickte ich auch 1986. Wir standen zu sechst an diesem fremden Gerät und zeitgleich telefonierten wir mit dem Empfänger in Rotterdam, um live mitzubekommen, ob das Schriftstück auch wirklich dort ankommt. Die Technik zog überall ein, aber irgendwie war alles aufregend und gut zu bewältigen.
In den 2000er Jahren wurde Schreibmaschine stiefmütterlich für Notfälle in einen Aktenschrank verbracht. Der PC stand nun auf jedem Schreibtisch. Die Auszubildenden, die ich betreute, waren immer ganz konfus, wenn das System mal ausfiel. So schlug ich ihnen vor, doch die Schreibmaschine zu benutzen. Völlig perplex fragte mich einer: „Wo ist denn hier das € und das @?“ Herrlich…
Die 10 Jahre, die ich jetzt schon bei Zurich arbeite, haben erhebliche Veränderung gebracht. Die Welt dreht sich immer schneller, Termine werden immer wieder abgesagt und müssen neu geplant werden. Briefe tippe ich höchstens dreimal im Jahr. Alles geht jetzt per E-Mail. Das ist auf der einen Seite sehr effizient, auf der anderen auch sehr anstrengend, da ich eben nicht jedem gleich nach zwei Minuten antworten kann – was aber häufig erwartet wird. Das Angebot an Tools, Apps & Co. ist so groß, dass ich den Wald vor lauter Bäumen manchmal nicht sehe. Es ist schwierig, die Flut an Mails zu sichten und zu priorisieren, Alarm zu geben, wenn etwas wirklich brennt, Folien zu bauen, die letztendlich in einer Stunde schon wieder alt sind. Hier muss ich meine Ansprüche zurücknehmen, um nicht in Schönheit zu sterben. Das fällt mir oft sehr schwer, da ich immer gemäß den deutschen Tugenden angehalten wurde, ordentlich, akkurat und sauber zu arbeiten.
Die durch Technik eingesparte Zeit wird durch die erhöhte Schlagzahl und Rationalisierung von Arbeitskräften dringend benötigt. Ich habe stets das Gefühl, mich neu organisieren zu müssen. Für die Jugend sicher ganz normal, aber nicht für Dinosaurier. Oft denke ich: „Muss ich das alles wirklich noch lernen?“ JA, ich muss! JA, ich will! Schließlich ist die Rente noch ein bisschen hin und der größte Umbruch steht noch bevor. Die Damen früher in den Büros, die so alt waren wie ich heute, sagten immer: „Ach, lass da mal lieber die Jungen ran“ Das geht heute nicht mehr. Die Jungen sind digital aufgewachsen, nehmen viele Dinge als ganz normal hin, die für uns erfahrene Kräfte immer noch kleine Weltwunder sind. Wir können uns dem nicht entziehen und nach anfänglicher Skepsis freue ich mich auf diese neuen Zeiten und auch auf den Umzug in unseren neuen Zurich Campus in Köln Deutz. So eine Chance, die neue Arbeitswelt mitzugestalten, gab es seit der Erfindung der Dampfmaschine und der daraus folgenden industriellen Revolution nicht mehr.
Sekretärinnen sind Allrounder
Im Gegensatz zur klischeebehafteten Sekretärin mit rot lackierten Nägeln im knappen Kostüm, die nur adrett die Beine übereinanderschlug und mit den Wimpern klimperte, müssen wir heute Fachwissen mitbringen in Englisch, BWL, Controlling, Marketing etc. und Soft-Skills wie
Organisationstalent, Loyalität und Kommunikationsstärke. Wir Allrounder sind das Bindeglied zwischen Chef und Belegschaft. Die Kunst ist es, nah beim Chef zu sein und trotzdem Kollegin zu bleiben.
Lebenslanges Lernen ist wichtig, doch ich muss aufpassen, dass ich mich auch effizient weiterbilde und gezielt auswähle, um nicht einem Overflow zu erliegen. Leider werden oft keine Seminare für uns Assistentinnen angeboten, obwohl immer wieder von uns erwartet wird, dass wir uns in neue Arbeitswelten einarbeiten. Nicht jede von uns ist autodidaktisch veranlagt. Hier gibt es noch Nachholbedarf.
Ergänzend dazu würde ich mir mehr Miteinander unter den Generationen wünschen. Ich tausche gerne mal einen guten
Rat gegen ein bisschen Nachhilfe in PowerPoint. (Oder ist PowerPoint gar nicht mehr angesagt?!) Erfahrung ist schließlich auch ein Schatz, den man nicht in den Schulen lernt, sondern im (Arbeits)Leben. Gegenseitiger Respekt sollte selbstverständlich sein.
Zu guter Letzt empfehle ich mal einige James Bond Filme in Reihe zu schauen. Da ist die Entwicklung der Miss Moneypenny und der Zeitgeist sichtbar von der kleinen, James anschmachtenden Tippse zur selbstbewussten Frau, die ihren Chef mit Cleverness, Mut und Entscheidungsfreudigkeit unterstützt, so dass er sich auf das Wesentliche besinnen kann:
Kurz mal eben die Welt retten.
Tolle Geschichte 🙂
Ein wirklich toller, interessant geschriebener Artikel – zum Nachdenken und Schmunzeln. Vielen Dank dafür!
Toller Blick zurück und sehr schön geschrieben!
Ein schöner Artikel, den ich sehr gut nachempfinden kann. Tja, es gab viele Entwicklungen seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Und es geht immer schneller und immer weiter.
@Birgit Volkmer: Wenn Sie mal in Frankfurt sind, lade ich gerne zu einem Besuch ins Museum für Kommunikation ein. Dort könnten wir uns gemeinsam auf eine Zeitreise in die Vergangenheit begeben.
Hallo Herr Groteclaes: Sehr schöne Idee! Da komme ich drauf zurück 🙂 Gruß nach FFM
Was für ein wunderbarer Artikel 🙂