business@school: Ein Erfahrungsbericht von Coach Holger Thies
Als sich Zurich im Jahr 2017 entschieden hatte, an der business@school Initiative der Boston Consulting Group (BCG) teilzunehmen und die erste Anfrage nach Interessenten im Intranet gestartet hatte, war ich neugierig, worum es dabei überhaupt geht. Nachdem ich mich bei unserer Kontaktperson im Bereich Human Resources und bei den Initiatoren der BCG eingehend informiert hatte, war ich von der Möglichkeit, Jugendliche über drei Phasen hinweg langsam an das Thema Betriebswirtschaft und Unternehmertum heranzuführen und sie auf dem Weg zu einer eigenen Geschäftsidee zu begleiten, extrem angetan. Für mich stand direkt fest, dass dies eine wunderbare Möglichkeit sein würde, meine gerade frisch erworbenen Kenntnisse im Design Thinking und im agilen Arbeiten einmal praktisch zu erproben. Seit diesem ersten Schuljahr bin ich dabeigeblieben.
Aus Sicht eines Coaches war mein erster Jahrgang, der interessanteste, da die Schüler:Innen engagiert, aber gleichzeitig Unterstützung bei der Organisation benötigten. Wir haben hervorragend zusammengearbeitet und uns gegenseitig inspiriert. In der ersten Phase mussten die Jugendlichen eine Aktiengesellschaft analysieren, um zu einer Einschätzung für die zukünftigen Chancen und Risiken des Unternehmens zu gelangen. Das Ergebnis welches anschließend in einer Präsentation souverän vor einer Jury vorzutragen war, stellte die Schüler:Innen vor eine echte Herausforderung. Gemeinsame, regelmäßige Treffen in den Räumen der Zurich Gruppe Deutschland waren bei der Vorbereitung sehr hilfreich. Aktiv und kreativ wurde das Team immer sicherer. Dabei haben mir diese Treffen auch immer wieder gezeigt, wo meine persönlichen Grenzen liegen. Deshalb war ich sehr froh, dass ich nicht als alleiniger Betreuer unterwegs war, sondern von einem weiteren externen Coach sowie zwei älteren Schülern, die im Vorjahr an der Initiative teilgenommen hatten, tatkräftig unterstütz wurde.
Die beiden folgenden Phasen wurden dann thematisch immer komplexer und forderten weit mehr Kreativität. In Phase 2 musste das Team ein ortsansässiges Kleinunternehmen analysieren. Die erste Herausforderung bestand schon darin, ein Unternehmen zu finden, dass Schüler:Innen die eigenen Geschäftszahlen zur Verfügung stellt. Kunden- und Mitarbeiterbefragungen folgten ebenso, wie die Analyse der Konkurrenz. In der Phase 3 kam es dann darauf an, eine eigene Geschäftsidee zu entwickeln, die so am Markt noch nicht existierte und alle Schritte vorzunehmen, um diese Idee in die Tat umzusetzen.
Trotz sehr guter Arbeit hat mein Team den Schulentscheid leider nicht gewonnen, weshalb wir nicht an den Regionalentscheiden oder sogar dem Finale teilnehmen konnten. Die erworbenen Erkenntnisse hingegen waren für alle Beteiligten sehr wertvoll. Das Team im darauffolgenden Schuljahr war hingegen so gut organisiert, dass wir Coaches kaum etwas zu tun hatte, außer einigen Tipps zum Thema “Üben von Präsentationen”, welche aber auch gut angenommen wurden.
In meinem dritten Jahr wurde es schwieriger, denn die 3. Phase des letzten Schuljahres fiel bereits in den ersten Corona Lockdown. Wir mussten uns finden und die Möglichkeiten des digitalen Austausches ausloten. Von Skype über TEAMS bis zu Discord wurden einige Programme ausprobiert. Nicht alles war mit meinem Dienstrechner kompatibel und so mussten alle diese neuen Wege testen. Es hat aber dennoch funktioniert und wieder einmal konnte ich von den Schüler:Innen lernen, nicht aufzugeben, wenn die Technik nicht so will wie man selber, sondern falls nötig auch einen zehnten Versuch zu starten.
Das aktuelle Schuljahr steht vollständig im Schatten von Corona. Abgesehen von der Teamzuteilung im September, gab es keinen analogen Kontakt zwischen den Schüler:Innen und mir. Kurze Chats über WhatsApp und Präsentationen mittels digitaler Medien haben stattgefunden, was den kreativen Austausch nicht unmöglich, aber in meinen Augen, deutlich schwieriger gestaltet hat als in den letzten Jahren. Sicherlich gibt es auch Online-Lösungen für kreatives Arbeiten mit Whiteboards, etc., allerdings hatte ich mich selbst noch nicht so intensiv beschäftigt und stellt uns somit alle vor eine echte Herausforderung. Dennoch ist auch dieses Team motiviert und hat eine wunderbare Idee für die dritte Phase.
Ich hoffe nur, dass die Präsentation live stattfinden kann, denn nach meiner bisherigen Erfahrung haben es Prototypen, die man anfassen und erleben kann, immer leichter.
Parallel durfte ich in diesem Jahr in Phase 1 erstmals an einer anderen Schule als Jurymitglied einspringen, nachdem dort Repräsentanten der alteingesessenen Jury ausgefallen waren. Zusammen mit drei anderen Jurymitgliedern aus der freien Wirtschaft habe ich die Präsentationen der drei Teams entlang des Fragebogens, welcher uns von BCG zur Verfügung gestellt wurde, zu den Themen: Unternehmensprofil; Kunden/Markt/Wettbewerb; Wertschöpfungskette; Zahlenverständnis und Gesamteindruck bewertet. Trotz dieses Bewertungsbogens und einer klaren Richtlinie hatte jeder der Juroren andere Schwerpunkte bei seiner Bewertung gelegt. Daraus ergaben sich sehr unterschiedliche Einschätzungen, die in der Jury diskutiert wurden. Und so gab es letztendlich einen deutlichen Sieger.
Sowohl als Jurymitglied, wie auch als Coach ist die Initiative busines@school eine wunderbare Möglichkeit mit Jugendlichen zusammenzuarbeiten, ihre Entwicklung zu begleiten und von ihrer Kreativität und ihrem Einfallsreichtum inspiriert zu werden. Gleichzeitig unterstützt man im Rahmen des ehrenamtlichen Engagements eine Initiative der Helfenden Hände. Hierfür wird ein Arbeitstag als Community Tag angerechnet. Grundvoraussetzungen sind Grundkenntnisse der BWL und Unternehmensführung, Präsentationsfähigkeit, Trainingskompetenz, gute Kommunikationsfähigkeit, Erfahrung in Teamarbeit, Botschafterfunktion für das eigene Unternehmen.