Mit dem Faltboot zur Arbeit

Mit dem Faltboot zur Arbeit

Das war definitiv meine bisher verrückteste Anreise zur Arbeit! Warum? Ich bin mit meinem Faltkajak den Rhein runter nach Deutz gefahren, genauer gesagt: vom Drachenfels bei Bonn (km 643) bis nach Köln-Deutz (km 680) zum Zurich Campus (insg. 37 Rheinkilometer).

Dafür bin ich am Sonntag um 12:00 Uhr vor der Haustür in Wachtberg gestartet und war am Montag um 8:15 am Zurich Campus. Nach einer erfrischenden Dusche konnte ich dann um 9:00 Uhr ins erste Meeting des Tages starten.  

Wat soll dä Quatsch?  

Auf diese Frage berufen sich die Kölnerinnen und Kölner laut §9 des Kölschen Grundgesetzes, um Merkwürdiges zu hinterfragen. Also, wat soll dä Quatsch? Ich habe das gemacht, weil ich so meinen Leidenschaften, dem Paddeln und Mikroabenteuern, nachgehen konnte. Und ich teile das hier, weil ich − wie mein Arbeitgeber Zurich − etwas bewegen muss und andere motivieren möchte nachhaltiger zu handeln. Mit dieser etwas verrückten Variante meines Arbeitsweges möchte ich Werbung für klimafreundlichere Fortbewegungsmittel und Reisen machen. Denn es geht oft mehr, als unsere eingefahrenen Verhaltens- und Denkmuster auf den ersten Gedanken zulassen.

Vielleicht fragt ihr euch, wer ist dieser Typ überhaupt?

Mein Name ist Marcel Grüschow, ich arbeite bei Zurich seit 2001. Da habe ich meine Ausbildung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung begonnen. Heute arbeite ich immer noch in der IT, jedoch inzwischen nicht mehr als Programmierer, sondern als Scrum Master. Als Scrum Master liegt mein Fokus nun auf der Gestaltung einer effizienten und effektiven Zusammenarbeit zwischen den Menschen. Immer mit dem Ziel, Werte wie z.B. IT-Systeme in einer sich schnell verändernden, man könnte auch sagen abenteuerlichen, Welt zu entwickeln. Privat habe ich 2019, über den „Frei Raus“-Podcast von Christo Foerster, die Mikroabenteuer für mich entdeckt. Als Mikroabenteurer sucht man nach dem Abenteuer, dem Ausloten der persönlichen Grenzen, vor der eigenen Haustür. So bin ich einmal vor der Haustür gestartet und dann insgesamt 160 km bis zum höchsten Berg Nordrhein-Westfalens gewandert. Jedoch musste ich dafür zwei verlängerte Wochenenden einsetzen. Noch besser ist es, wenn man es schafft das Abenteuer in den Alltag zu integrieren und sich dafür bietende Gelegenheiten nutzt, statt auf den nächsten Urlaub oder die Fernreise zu warten.  

Den Weg zur Arbeit als Abenteuer gestalten

Im November 2019 hat Zurich ihre beiden Standorte in Bonn und Köln an einem neuen Standort in Köln-Deutz zusammengelegt. Jetzt musste ich von Bonn nach Köln pendeln und ich überlegte gleich, wie sich der Weg zur Arbeit mal als Abenteuer gestalten ließe. So entstand im Winter 2019 die Idee, mit dem Faltboot von Bonn nach Köln zur Arbeit zu paddeln. Ich wollte dafür nachmittags in Bonn lospaddeln und nach einer Übernachtung am nächsten Morgen in Köln-Deutz anlanden. Für Sommer 2020 war das Projekt eigentlich geplant, doch dann kam Corona und das Homeoffice. Nach weiteren zwei Jahren und anderen Mikroabenteuern sowie einer privat absolvierten Ausbildung zum Wildnispädagogen war es dann so weit: Im Sommer 2022 war die Pandemie so gut wie vorbei und wir kamen langsam ins Büro zurück. Nach den Sommerferien wollte ich endlich lospaddeln. Doch wie ihr euch bestimmt erinnert, hatte der Rhein 2022, wie auch schon 2018, extremes Niedrigwasser. Dabei kommt man als Paddler den Schiffen auf der stark verengten Fahrrinne zum Teil gefährlich nah. Zudem muss das Boot dann lange Strecken aus bzw. ins Wasser getragen werden. Als dann wieder genügend Wasser vorhanden war, ging morgens die Sonne wieder zu spät auf und ich hätte den letzten Abschnitt im Dunkeln paddeln müssen. Darum habe ich das Projekt auf das Jahr 2023 verschoben.

Veränderung beginnt bei dir

Jedoch ließ mich die Frage, ob der Klimawandel mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, nicht mehr los. Aus diesem und anderen Gründen (die Ahrtal Flutkatastrophe, das Waldsterben etc.) begann ich mich mehr mit dem Klimawandel zu beschäftigen. Für die Auswirkungen auf den Rhein bin ich dabei auf folgende Informationen gestoßen: Auch wenn durch den Klimawandel die Zeiten extremer Trockenheit zunehmen, werden ausgerechnet die vom Klimawandel getriebenen Gletscherschmelzen in den Alpen noch für mehrere Jahrzehnte dazu beitragen, dass es wenigstens noch eine Wasserrinne auf dem Rhein gibt. Sind aber – bei einer optimistischen Einschätzung  – die meisten Gletscher bis spätestens Anfang 2100 weg, ist es sehr wahrscheinlich, dass unsere Kinder oder Enkelkinder ein fast ganz trockengefallenes Rheinbett erleben werden. Pessimistische Einschätzungen gehen bereits von 2050 aus. Dann singt man in Zukunft in Köln zum Fastelovend: „Einmol em Johr jeht d\’r Rhing nit ins Bett… “. Wobei ich nicht glaube, dass uns bzw. unseren Kindern dann noch zum Singen zumute wäre. Darum: „Arsch huh!“ wie man in Köln sagt. Denn Veränderung beginnt bei dir selbst! Deshalb wünsche ich mir, dass wir uns selbst mehr fragen: „Was kann ich persönlich tun und ggf. mal anders denken, um meinen persönlichen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu verbessern?“

Ich bin überzeugt, wenn wir das tun, werden sich auch nachfolgende Generationen weiter auf den §3 des Kölschen Grundgesetzes berufen können: „Et hätt noch immer jot jejange!“

Ahoj
Marcel Grüschow

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